WoidG´sicht: Walter Pahl
Er ist nicht nur Dampfbräu-Wirt, um Geld zu verdienen. Er lebt seinen Beruf. Und er möchte nirgendwo lieber sein als in seinem Wirtshaus. Obwohl die Gasträume (40 Plätze) und der kleine Biergarten (30 Plätze) nicht allzu groß sind - oder gerade deshalb.
Blöd daherreden ist eine Kunst, die es zu beherrschen gilt und die nur wenige wirklich beherrschen. Denn es ist eine Gratwanderung. Der Witz darf die Grenze zur Beleidigung nicht überschreiten, aber durchaus berühren. Walter Pahl ist ein Meister auf diesem Gebiet. Er ist Wirt des „Dampfbräu“ in Zwiesel. Einem Wirtshaus im Zentrum der Glasstadt, in dem es gutbürgerliche Gerichte ("bayerisch, deftig, abwechslungsreich") gibt. Aber auch flotte Sprüche gehören dazu sowie generell gute Unterhaltung durch den 66-Jährigen, der auf den ersten Blick das "Ganggal", den "Bazi" und den "Lausbub" in sich vereint.
Flotte Sprüche gehören einfach dazu.
Zwei ältere holländische Ehepaare, die gerade Platz genommen haben und Mittagessen wollen, bekommen sogleich ihr Fett weg. "Wir haben mehr als nur Käse", verkündet Walter Pahl feierlich, als er die Speisekarten überreicht. Auch Gäste aus Norddeutschland werden nicht verschont - wobei: "Es kind's ja nix dafia, dass Preiß'n had's." Alle lachen - und am lautesten der Wirt selbst. Er nimmt sich nicht allzu ernst - und das kommt an bei den Besuchern. Walter Pahl wartet regelrecht auf eine Erwiderung, auf den Konter. "Wer austeilt, muss auch einstecken können", sagt er nicht nur, sondern lebt es vor. Die ohnehin überschaubare Wartezeit auf Essen und Getränke wird hier nicht zur Qual, sondern zur Freude, zum Teil des Programms.
Walter Pahl ist nicht nur Dampfbräu-Wirt, um Geld zu verdienen. Er lebt seinen Beruf. Und er möchte nirgendwo lieber sein als in seinem Wirtshaus. Obwohl die Gasträume (40 Plätze) und der kleine Biergarten (30 Plätze) nicht allzu groß sind - oder gerade deshalb. Und obwohl er - mit Ausnahme: Mittwoch - täglich bis zu 14 Stunden arbeitet und aufgrund dessen bereits einige Beziehungen zu Bruch gegangen sind. "Schon als kleiner Bub wollte ich Wirt werden", erinnert sich der 66-Jährige. Direkt begründen kann er nicht explizit, warum er unbedingt in der Gastronomie Fuß fassen wollte - „aber logisch, es hängt irgendwie mit Menschen zusammen“.
Zunächst absolvierte der gebürtige Chamer nach seiner Schulzeit ("eher erfolglos") eine Ausbildung zum Buchbinder – mehr oder weniger eine Pflichtaufgabe. "Das kann man sich ungefähr so vorstellen wie Charlie Chaplin in Modern Times." Wenig verwunderlich also, dass Pahl einige Monate nach dem Abschluss seiner Lehre in den gastronomischen Bereich wechselte. Erst in seiner oberpfälzischen Heimat, dann in der Nähe von Straubing, ehe er im Bayerwald landete. "Ich wollte nach der Saison in Zwiesel in der Disko arbeiten, wo auch meine damalige Freundin angestellt war. Plötzlich war der Geschäftsführer krank - und ich habe die Leitung übernommen." Und von da an blieb er in der Glasstadt.
Vom Nachtleben verabschiedete er sich nach und nach, „weil das brutal anstrengend ist". 1984 hatte er in Zusammenarbeit mit der 1. Dampfbierbrauerei Zwiesel das Haus gebaut, in dem sein heutiges Wirtshaus untergebracht ist und das damals noch "Pfefferbräu Schänke" hieß. Diese Lokalität pachtete er dann 1997 und betrieb sie unter dem Namen "Dampfbräu" weiter. "Das ist mein Leben - diese paar Quadratmeter hier", stellt er fest und schaut sich dabei um. Und genau deshalb ist er auch weiterhin als Wirt im Einsatz. Trotz diverser Krankheiten und obwohl er eigentlich bereits offizieller Rentner ist. "Fünf Jahre noch", blickt er in die Zukunft. Und dann? "Falle ich wohl erst einmal in ein Loch."
Dieses Mal bleibt das ansteckende Lachen aus. Vorherige Aussage ist nämlich durch und durch ernst gemeint. Was man Walter Pahl abnimmt, wenn man ihn näher kennt und einen zweiten Blick auf seine Persönlichkeit wagt. "Ja, ich bin eigentlich immer gut drauf. Sprüche gehören bei mir dazu", betont er. Seine Mitarbeiterin Petra ergänzt aber aus dem Hintergrund: "Er ist aber auch ein wandelndes Lexikon. Was der alles weiß..." Kunst, Kultur, Philosophie und Religion zählt der 66-Jährige zu seinen Interessen. Und das scheint nicht nur so daher gesagt, sondern bestätigt sich indirekt, wenn man mit ihm intensiver ins Gespräch kommt. Dann nämlich wird aus dem "Ganggal", dem "Bazi" und dem "Lausbub" ein kritischer Geist mit Meinungsstärke und Charakter.
Sein Wesen spiegelt sich auch im schlauchförmigen Gastraum wider. Der ist einerseits locker eingerichtet – sprich: mit üblichen Wirtshaus-Accessoires wie Maßkrügen, lockeren Stammtisch-Weisheiten und dem obligatorischen Brauerei-Kutschengespann. Andererseits sind an den Wänden auch eingerahmte, tiefergehende Sprüche zu finden, die Walter Pahl bewusst ausgewählt hat, da sie für ihn einen nicht für die Öffentlichkeit bestimmten Hintergrund haben.
Seine kreative Ader drückt sich in der Zusammenstellung der Speisekarte aus. Natürlich gibt es original bayerische Gerichte im Dampfbräu, jedoch auch etwas ausgefallenere Speisen. "Ich mache alles selber - ohne Zusatzstoffe! Zudem achte ich auf saisonale Erscheinungen wie Spargel, Bärlauch, Schwammerl und Wild", betont der 66-Jährige, der - von der Neugier getrieben - 2002 noch eine Ausbildung zum Koch durchlief.
"Ich will schließlich wissen, was ich verkaufe. Und wenn, dann g'scheid!"
Seine Gaststätte besuchen überwiegend Touristen. Es hat sich herumgesprochen, dass es bei ihm gutes Essen und gute Unterhaltung gibt. Nicht nur via Mundpropaganda, sondern auch im World Wide Web. Auf einschlägigen Bewertungsportalen heimst er beste Rezensionen ein. "Es ist immer sauguad und lustig. Es ist jedes Mal einen Besuch wert. Und es sind wieder neue Gerichte auf der Karte, die super schmecken", schreibt beispielsweise ein Nutzer der "Tripadvisor"-Plattform, wo Pahl 4,5 von 5 Sternen vorweisen kann - und somit auf Platz eins von 19 Restaurants in Zwiesel rangiert.
Vom Geschäft mit den Urlaubern kann er gut leben. "In den vergangenen Jahren sind wieder deutlich mehr Touristen nach Zwiesel gekommen", berichtet er. "Den Leuten ist es was wert, wenn es familiär und ruhig zugeht." Es fällt bei ihm deshalb nicht so ins Gewicht, dass die frühere Wirtshaus-Kultur generell immer mehr ausstirbt. "Manche kinand nima, de andan deafand nima", sagt er. Wieder so ein Spruch. Wieder das schelmische Grinsen. Wieder ein typischer Pahl also. Ernster Hintergrund, elegant verpackt. Er beherrscht sie eben, die Kunst des Blöd-Daherredens...
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